Das BSI hat am 20. Mai die Allgemeinverfügung vom 7. Februar 2020 zum Smart-Meter-Rollout zurückgenommen. Um den bisherigen Rollout absichern zu können, kann der Weiterbetrieb und Einbau intelligenter Messsysteme zwar fortgeführt werden, es entfällt jedoch jegliche Einbaupflicht für Messstellenbetreiber und Energieversorger. Das sorgt für Planungsunsicherheit und Unmut in der gesamten Energiebranche. Unser Geschäftsführer Dr. Thomas Goette hat dazu ein Statement abgegeben:
Der Mensch ist per se bequem was Entscheidungen angeht (oder freundlicher ausgedrückt: ein effizientes Energiesparmodell) und enorm belastungsfähig – dies kann jeder sehr gut an den aktuellen globalen Herausforderungen, wie der Corona-Pandemie, beobachten. Im gleichem Maße trifft dies auf den Umgang des Menschen mit dem Klimawandel zu. Wie sagt doch der Kölner so schön: „Et hätt noch immer jot jegange“.
Und wenn diese menschlichen Grundeigenschaften mit der sprichwörtlichen deutschen Behördengründlichkeit kombiniert werden, kommt als Ergebnis nicht selten so etwas heraus wie "das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende". Klimawandel ist ja definitiv ein epochales Ereignis für uns alle, da kann man ja auch epochale Zeiträume für die Maßnahmenergreifung anlegen, denn „gut Ding will Weile haben“. Erinnert sich noch jemand an die europäischen Vorgaben zum Smart Metering (die Richtlinie 2009/72/EG (3. EU-Binnenmarktpaket)). Eine der zentralen Anforderungen besagt, dass die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass intelligente Messsysteme eingeführt werden, damit die aktive Beteiligung der Verbraucher am Stromversorgungsmarkt unterstützt wird. Nach Vorstellungen aus Brüssel sollten (auf Grundlage einer Kosten-Nutzen-Analyse) mindestens 80 % der Verbraucher bis 2020 mit intelligenten Messsystemen ausgestattet werden. Das war 2009. Wir schreiben das Jahr 2022!
„Aktive Beteiligung der Verbraucher?“ Nicht doch. Wir Deutschen denken groß, viel größer als der Rest von Europa. Digitalisierung können wir viel besser. Wir machen das richtig. Unidirektional ist von gestern. Bi-direktional, steuern, abregeln, netzdienlich agieren – das ist das Gebot der Stunde. Oder wann auch immer das BSI sich mit der Zertifizierung der Steuerboxen (CLS) irgendwann einmal zu beschäftigen gedenkt: „Was Du heute kannst besorgen, mach doch besser einfach übermorgen.“ Und vorneweg und mittendrin das BMWK. Wofür stand das „K“ nochmal? „K“ann man doch auch morgen angehen? Klimaschutz? Welch hehres Ziel. Dem widmen wir uns dann gerne überübermorgen…
Energieeffizienz bedarf der Energietransparenz
Und mit aktuell weniger als 200.000 verbauten SMWGs in Deutschland und ca. 430.000 digital ausgelesenen RLM-Zählern, liegt das Energiewende-Wunderland Deutschland bei weniger als 1% Digitalisierungsrate seiner 52 Mio. Stromzähler. Großbritannien hat mittlerweile 50 % der Verbraucher mit Smart Metern ausgestattet, in den USA sind es bereits mehr als 75%. Was meint wohl Herr Habeck zu diesem „Fun Fact am Rande“?
Können wir uns als größte Volkswirtschaft Europas wirklich erlauben, die Digitalisierung des Messwesen in Deutschland weiter auf morgen zu verschieben?
Stellen wir uns doch mal die deutsche Realität im Mai in weiteren 10 Jahren vor, dann vielleicht schon bei Rekord-Temperaturen von 45 Grad? Reden wir dann vielleicht IMMER noch über die dringend zu erreichende beschleunigte Beschleunigung des deutschen Smart Meter-Rollouts? In der Pressemitteilung des BSI taucht folgender Satz auf: „Die Digitalisierung der Energiewende kann so weiterbeschleunigt werden und orientiert sich dabei neben den gesetzlichen Vorgaben auch an den Bedürfnissen der Marktakteure, um Verlässlichkeit und Planungssicherheit für die beteiligten Akteure des Rollouts zu gewährleisten.“ Das Gegenteil von all dem, was in diesem Satz steht, entspricht der deutschen Realität im Mai 2022.
Wer fühlt sich verantwortlich?
Fühlt sich irgendjemand für die Erreichung des eigentlichen Ziels verantwortlich? Hier habe ich erhebliche Zweifel. Nur wenn sich das BMWK verantwortlich fühlt, wird sich an den Rahmenstrukturen in Deutschland signifikant etwas ändern. Gleichermaßen müssen sich aber alle Verantwortlichen in der Energieversorgungsbranche insbesondere in Netzbetrieb und Messwesen fragen, ob sie ihrerseits wirklich ihrer Verantwortung gegenüber den Bürgern im Sinne von Digitalisierung, Klimaschutz und Energieeffizienz gerecht werden. Worte alleine reichen nicht.